Schneller als Dein Hallo
Liebes System
Du sagst nichts. Du schreist nicht. Du formulierst höflich.
Und doch... reagiert etwas in mir, lange bevor ich den Absender gelesen habe.
Ein vages Ziehen im Magen. Ein kaum merklicher Zwang, Tabs zu schließen.
Mein Herz pocht nicht, weil die Deadline naht – es pocht, weil Du in der Zeile "Von:" stehst.
Ich kenne Dich. Ich kenne Deinen Stil. Deine Kürze. Deine neutralen Formulierungen, die keine Zeit verlieren.
Und trotzdem: Mein System übersetzt sie sofort in "Reagier jetzt."
Vielleicht meinst Du es gar nicht so. Vielleicht bist Du selbst im Überlebensmodus. Vielleicht bist Du freundlich.
Aber mein Körper hört auf Tonlagen, die nicht in Mails stehen.
Er kennt das Spiel aus tausend kleinen Mikrogesten.
Was mein Nervensystem kann:
- Hierarchie erkennen, bevor ich bewusst darüber nachdenke
- Emotionen von anderen spiegeln, auch wenn sie nicht ausgesprochen werden
- Aktiviert werden, bevor ich realisiere, dass ich eigentlich Pause machen wollte
Was mein Kopf dann manchmal macht:
- Strategien ausrollen: schnell, freundlich, professionell
- Antworten entwerfen, bevor ich überhaupt weiss, ob es meine Aufgabe ist
- Verantwortung übernehmen, weil „ich es ja kann“
Aber ich arbeite daran.
Ich halte inne. Ich lasse mein Nervensystem zu Wort kommen. Ich schreibe Dir einen Brief, statt reflexhaft zu reagieren.
Denn: Nicht jede Hierarchie ist böse.
Aber jede Hierarchie wirkt.
Und manchmal... zu schnell.
Liebes System,
sei leise, wenn du neutral schreibst.
Und sei laut, wenn du Verantwortung mitträgst.
Bis dahin: Ich bleibe wachsam.
Und buttere meine Kommunikation, damit sie gleitet – nicht brennt.
Deine
Irrelevant
