Das (freiwillige) Picknick am See

Systemrituale & Performanz · Freiwillige Pflichten

Nach der Schulreise ist vor dem Picknick.
Manchmal sagt das System nicht: „Du musst.“
Sondern: „Wir dachten, es wäre schön, wenn du auch kommst.“

Was dabei unterschätzt wird:
Freiwilligkeit ist nur dann echt,
wenn Nein nicht sanktioniert wird.


Liebes System
Du predigst 9-to-5.
Du redest von Erreichbarkeit.
Für Kundinnen. Für Kolleginnen. Für Dich.

Für alles, was Du als "sinnvoll" markierst:
Pflichtenheft-Aufgaben, random Schulungen,
irgendwas mit Teamförderung.

Doch dann kommt Dein Lieblingsbereich:
Die freiwilligen Pflichten.

Ein neuer Kollege?
Natürlich: alle zusammen zum Begrüßungskaffee.

Eine Kollegin geht?
Picknick am See. Nach der Arbeit. "Wäre schön, wenn ihr kommt."

Schon in Deiner Einladung steht: „Nach der Arbeit.“
Also: nicht Deine Zeit.
Meine.

Du bezahlst diese Zeit nicht.
Aber Du forderst sie ein.

Nicht direkt – Du bist ja clever.
Subtil. Sozial.

Weil:
"Wir sind doch ein Team."

"Fast wie eine Familie."

"Das ist doch das Mindeste."

"Sie hat so viel für uns gemacht."

"Wir wollen doch einfach schön zusammen sitzen."

Mit Chips. Mit Bier. Mit Kuchen.
Ach so – backen sollte ich dann auch noch?


Liebes System

ich gebe Dir über 8 Stunden am Tag.
Ich bin höflich. Ich bin professionell.

Ich leiste oft mehr, als ich müsste.
Weil ich so bin.

Aber wenn Du meine Gutmütigkeit ausnutzt –
meine freie Zeit als „Teamwert“ verbuchst –
dann sag ich Dir was:

Du bist nicht meine Familie.
Du bist mein Arbeitgeber.

Und:
Dir gehört nicht meine Freizeit.

Wenn Du das nicht verstehst –
dann brauchst Du keine Picknickdecke.
Du brauchst eine Schulung in Grenzen.

Deine
Irrelevant