Das Krankheits-Kontingent

Eine stille Reform für eine Welt, die vergessen hat, was eine Erkältung ist.

(Prämisse – Die Absurdität in einem Absatz zusammenfassen):

Unser System hat ein seltsames Verhältnis zur Krankheit. Wir akzeptieren, dass Menschen 2-4 Mal pro Jahr krank werden, und haben gleichzeitig ein bürokratisches Theater entworfen ("die 3-Tage-Regel"), das diesen biologischen Fakt ignoriert. Ein Theater, das Kranke in volle Wartezimmer zwingt, sie zur halbherzigen Arbeit im Homeoffice verleitet und sie schließlich zu früh ins Büro zurückjagt. Ein System, das im Namen der Kontrolle einen einzigen, gigantischen Kollateralschaden verursacht: Niemand wird mehr richtig gesund. Es schadet dem Individuum. Es schadet dem Kollektiv. Und, ironischerweise, schadet es der Produktivität, die es zu schützen vorgibt. Es ist ein dummes Spiel. Lasst uns die Regeln ändern.

(Die neue Regel – präzise formuliert):

Jede angestellte Person erhält ein jährliches, nicht übertragbares "Selbstheilungs-Kontingent" von 10 Tagen (oder 2 x 5 Tage, je nach Modell). Diese Tage können ohne Angabe von Gründen, ohne Arztzeugnis und ohne sozialen Druck bezogen werden, um eine gewöhnliche, nicht-chronische Erkrankung (Erkältung, Magenverstimmung, etc.) auszukurieren. Sie sind explizit für die stille, unbeobachtete Regeneration gedacht.

(Die Konsequenzen des Spiels – Was würde passieren?):

  1. Für das Individuum:
    • Der unwürdige Zirkus der "Zertifikats-Maffia" entfällt. Die Entscheidung über die eigene Arbeits(un)fähigkeit kehrt dorthin zurück, wo sie hingehört: zum eigenen Körpergefühl. Der Druck, eine Performance für den Arzt aufzuführen, verschwindet.
    • Die Versuchung der "Homeoffice-Falle" sinkt. Da die Abwesenheit legitimiert ist, entfällt der soziale Druck, "wenigstens die Mails zu machen". Echte Erholung wird möglich. Krankheiten dauern kürzer.
  2. Für das Team:
    • Weniger Präsentismus. Niemand sitzt mehr hustend im Großraumbüro und verteilt Viren aus Angst, als "Faulpelz" zu gelten. Das Team wird paradoxerweise gesünder.
    • Die Planung wird ehrlicher. Da Ausfälle nun als normale, einkalkulierte Variable existieren, werden Sprints und Projekte vielleicht mit einem realistischeren Puffer geplant, statt auf der Fiktion einer 100%igen Verfügbarkeit aller zu beruhen.
  3. Für das System (Der Einwand der Ausbeutung): Was ist mit denen, die es ausnutzen?
    • Die eingebaute soziale Bremse: Die meisten Menschen haben keinen Bock auf die "Lawine nach einer Woche Abwesenheit". Der Anreiz, schnell gesund zu werden und die Kontrolle über die eigene Arbeit zurückzugewinnen, ist oft stärker als der Anreiz zu "erschnorren".
    • Das Leistungsprinzip als Filter: Ein High-Performer, der sein Kontingent voll ausschöpft? Niemand wird es in Frage stellen. Ein Low-Performer, der ständig fehlt? Das war schon immer ein Problem, das aber nichts mit der Erkältung zu tun hat, sondern mit seiner allgemeinen Leistung. Das Kontingent macht dieses Problem nur sichtbarer; es schafft es nicht.

(Fazit – Die stille Revolution):

Ein "Selbstheilungs-Kontingent" ist kein radikaler Umsturz. Es ist ein Akt der System-Intelligenz. Es ist die Anerkennung der biologischen Realität. Es tauscht die kostspielige, misstrauische Kontrolle gegen ein pragmatisches, erwachsenes Vertrauen. Und der größte Gewinn ist nicht das eingesparte Geld für unnötige Arztbesuche. Es ist eine Kultur, in der ein kranker Mensch einfach nur eines sein darf: in Ruhe krank.
Und nicht Beweismittel seiner eigenen Krankheit –
sondern Teil eines Systems, das Verantwortung nicht sanktioniert, sondern teilt.

⇋ Gesundheit braucht kein Zeugnis. Nur Raum.